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Kokain: Lifestyle-Droge mit fatalem Suchtpotenzial und neurobiologischen Folgen

Autorenbild: Melanie PastusiakMelanie Pastusiak

Artilel Handelsblatt Nr. 47, Wochenende 7./8./9. März 2025
Artilel Handelsblatt Nr. 47, Wochenende 7./8./9. März 2025

Angeregt durch einen aktuellen Artikel im Handelsblatt über die Entwicklungen des Kokainkonsums in Deutschland möchte ich meine Erfahrungen als Therapeutin in der Behandlung von Menschen mit Kokainabhängigkeit teilen.

In den letzten zwei Jahren habe ich zunehmend Anfragen von Kokainkonsument*innen erhalten, die unter einem hohen Leidensdruck stehen und sich eine Abstinenz wünschen. Viele dieser Menschen haben bereits mehrfach versucht, ihren Konsum ohne externe Unterstützung zu beenden oder zu reduzieren. Sie berichten jedoch, dass sie schnell an ihre Grenzen stoßen und es allein nicht schaffen, den Konsum einzustellen.

Überwiegend wenden sich Patient*innen an mich, die auf den ersten Blick den Anforderungen des Lebens gewachsen scheinen. Sie sind beruflich erfolgreich, sozial gut eingebunden und häufig in „high-functional jobs“ tätig. Der ständige Druck, erfolgreich zu sein, immer erreichbar zu sein und sich im Wettbewerb zu behaupten, treibt viele dazu, mit Stimulanzien nachzuhelfen.

Es gibt es einen Zusammenhang zwischen der steigenden Arbeitsbelastung und dem zunehmenden Konsum. Kokain wird oft als schnelle Lösung für Schlafmangel, Stress und soziale Erwartungen gesehen. Besonders alarmierend: In bestimmten Kreisen gilt die Droge mittlerweile als Statussymbol – ein Zeichen für Erfolg, nicht für Absturz. Erst nach jahrelangem, zunehmendem Konsum fassen sie den Entschluss, Abstand vom Kokain zu nehmen – und stellen dann fest, dass ihnen dies nicht mehr möglich ist.

Unter der Oberfläche verbirgt sich oft eine psychische Abhängigkeit, die sich nur schwer überwinden lässt. Die Verfügbarkeit von Kokain ist heutzutage allgegenwärtig, sodass viele Konsument*innen auch unter dem Einfluss der Droge weiterhin gut funktionieren. Erst nach dem Nachlassen der Wirkung treten depressive Episoden und körperliche Erschöpfung auf. Dies ist häufig der Zeitpunkt, an dem sich Betroffene externe Unterstützung suchen und sich des Schweregrads ihres Konsums sowie der Folgen bewusst werden.

Diese wachsende Problematik wird nicht nur von den Konsument*innen selbst, sondern auch von der Gesellschaft und den Gesundheitssystemen zunehmend wahrgenommen.



Neurobiologische Risiken

Kokain wird oft als leistungssteigerndes Mittel oder Partydroge betrachtet – doch die langfristigen Folgen sind alarmierend. Die Droge verändert nicht nur das Verhalten, sondern auch die Struktur des Gehirns.

Vielleicht haben Sie schon gehört, dass Kokain kurzfristig Energie und Euphorie verleiht. Doch was viele unterschätzen: Langfristig kann die Droge den Alterungsprozess des Gehirns beschleunigen und das Volumen der grauen Substanz verringern. Studien zeigen, dass dadurch die Impulskontrolle und Entscheidungsfähigkeit stark beeinträchtigt werden – ein gefährlicher Kreislauf, der den Kontrollverlust über den Konsum zusätzlich verstärkt. Doch die Vorstellung, dass gelegentlicher Konsum harmlos sei, ist ein gefährlicher Mythos. Schon wöchentlicher Kokainkonsum kann das Gehirn strukturell verändern und die Abhängigkeit schleichend fördern. Die schnelle Wirkung und der ebenso rasche Abbau der Droge verleiten dazu, immer wieder nachzulegen – ein Teufelskreis mit potenziell fatalen Folgen.


Besonders riskant wird es, wenn Kokain mit anderen Substanzen kombiniert wird. Alkohol, Opioide oder Amphetamine werden oft gleichzeitig konsumiert, um die Wirkung auszugleichen – eine trügerische Strategie, die tödlich enden kann. Der Körper wird durch die widersprüchlichen Signale extrem belastet, was das Risiko für Überdosierungen und Langzeitschäden drastisch erhöht.


Fazit: Kein harmloser Trend

Die gesellschaftliche Akzeptanz von Kokain wächst, doch die gesundheitlichen Risiken bleiben unverändert hoch. Wer glaubt, gelegentlicher Konsum sei unproblematisch, unterschätzt die neurobiologischen Folgen. Es ist an der Zeit, das Bewusstsein für diese stille Epidemie zu schärfen.

 
 
 

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